Schreib-Projekt "Wände - Mauern"
PERRERAS - TÖTUNGSSTATIONEN FÜR VIERBEINER
von Anja Anwander
Wände, überall Mauern und kleine Verdreckte Verschläge erstrecken sich über das gesamte Gelände. Ein bestialischer Gestank schlägt uns entgegen und dann sehen wir die Hunde. Einige begrüßen uns freundlich, doch der Großteil liegt völlig apathisch und abgemagert im eigenen Kot in der Ecke auf dem kalten Fußboden. Das Jaulen und Winseln der Tiere ist unerträglich und man kann regelrecht die Tränen in den Augen der Hunde erblicken. Angst und Verzweiflung liegt in der Luft. Wir empfinden nur noch Wut, Trauer und Ekel...
Nach einem ausgiebigen Frühstück hatten wir uns mit einer spanischen Tierschützerin zu der einzigen Perrera begeben, die sonntags geöffnet war. Perrera bedeutet soviel wie "Hundezwinger", jedoch hatten wir eine völlig andere Vorstellung von den Zwingern als wir sie hier vorfanden. Es war erschreckend...
Der Wärter, der für die Perrera zuständig war, saß in seinem Wärterhäuschen und öffnete uns grimmig das von Rost überzogene Eisentor. Mächtige Betonwände und Stacheldraht prägten das Bild. Obwohl wir auf diesen Augenblick gut vorbereitet waren, stockte uns in diesem Moment der Atem. Wie können Menschen so mit Lebewesen umgehen?
Traditionell hat in Spanien reines Nutzdenken das Verhältnis der Menschen zu ihren Tieren bestimmt. Hunde und Katzen waren davon nicht ausgenommen. Katzen mussten Mäuse fangen, Hunde bewachten Haus und Hof oder halfen bei der Jagd. So wurden sie in der Regel auch gehalten: Wachhunde verbrachten ein einsames Leben an der Kette, Jagdhunde erlebten ein wenig Bewegungsfreiheit nur bei der Arbeit, Katzen blieben sich selbst überlassen.
Waren sie zu alt für ihre Aufgaben, oder erkrankten die Tiere ernsthaft, wurden die meisten getötet oder ausgesetzt. Streunende Hunde wurden eingefangen, in den Zwingern der Gemeinden, den so genannten Perreras abgeliefert und dort nach Ablauf einer 20-tägigen Frist ums Leben gebracht.
Was sind Perreras? Perreras sind vom Staat erbaute Tötungsstationen in denen jedes Jahr tausende von Hunden getötet werden. In Spanien werden jährlich ca. 20000 Tiere ums Leben gebracht, die Dunkelziffer ist jedoch weit aus höher, da die Gesamtanzahl der bestehenden Perreras unbekannt ist, denn auch viele Privatbesitzer machen mit dem Einfangen von streunenden Hunden ihr Geld . Perreras sind jedoch in ganz Spanien, Ungarn und in der Türkei verstreut.
Jedoch werden die Tiere nicht wie in Deutschland, sanft eingeschläfert, sondern qualvoll getötet. Dabei ist es völlig egal, wie alt oder krank die Tiere sind " sowohl liebenswerte Hundeopis und - omis als auch Welpen werden auf brutale Weise gemeuchelt. Neben dem Heer der nicht mehr benötigten Jagdhunde wie Podencos, Pointer, Bracken, Deutsch Draht - oder Kurzhaar, befinden sich auch viele Rassehunde wie Schäferhunde, Neufundländer, Bernhardiner, Huskys, Boxer, Jack Russel oder Pudel in den Tötungsstationen.
Um Kosten zu sparen wird häufig auf Nahrungsmittel für die Tiere verzichtet. In ihrer Verzweiflung und Hungersnot entwickeln sich kannibalische Szenarien, bei denen zu schwache oder kleine Tiere von ihren Artgenossen gefressen werden.
Häufig werden die Tiere, bevor sie getötet werden in viel zu engen und verschmutzten Verschlägen gehalten, gequält und misshandelt, bis sie nach tagelanger Qual und einem grausamen Tod endlich Erlösung finden.
Auch viele Jäger geben dort ihre Jagdhunde ab, weil sie nicht mehr "zu gebrauchen" sind. Andere machen sich noch nicht einmal die Mühe ihre Hunde dort abzugeben. Sie hängen ihre Jagdhunde einfach auf oder lassen sich noch weitere grausame Qualen einfallen, damit das Sterben endlos lange dauert.
Diese entsetzlichen Bilder nehmen jedoch kein Ende.
Zu welchen Taten Menschen fähig sind erläutern folgende Beispiele:
Hunde werden von ihren Besitzern aus "Spaß" misshandelt oder mit Steinen beworfen. Den Tieren wird oftmals eine Plastiktüte über den Kopf gezogen, damit sie einen Erstickungstod erleiden. Eine Hetzjagd mit Autos oder Motorrädern dient zur Belustigung der Zuschauer, bei der viele Tiere einfach "überrollt" werden oder an Erschöpfung sterben. Oft werden den Hunden die Ohren abgeschnitten. Sie würden dann besser hören !!!
Doch wie können Menschen Tieren so etwas antun?
Der Hund, der beste Freund des Menschen!
Weggeworfen, eingepfercht, dazu verdammt die letzten Tage seines sowieso erbärmlichen Lebens ohne Wasser und Futter auszuharren. Pure Angst und Verzweiflung spiegeln sich in den von Schmerz getrübten Augen wieder.
Die Seele der meisten Hunde ist gebrochen und das Leben wird mit der Gewissheit beendet, dass es keinerlei Gutes im Menschen gibt.
Die Frage, warum Menschen so etwas tun kann wohl niemand richtig beantworten. Lediglich ein Gefühl des Entsetzens und der Wut macht sich breit, aber auch die Scham zu realisieren, dass diese Quälerei vom Menschen selbst durchgeführt wird ist unerträglich.
Warum gibt es Perreras? Die meisten Länder, in denen Perreras erbaut wurden, sind auf den Tourismus angewiesen. Deshalb ist die Regierung sehr bemüht den Touristen ein sauberes Urlaubsbild vorzuweisen. Streunende und verwahrloste Hunde, die den Urlauber beim Essen anbetteln oder sonstiges Tierelend würden dieses Bild zerstören. Ebenso kommt die Regierung mit der explosionsartigen Vermehrung der Tiere nicht mehr zu recht.
Aus diesen Gründen lies die Regierung, als Verzweiflungstat, Perreras bauen um diese Problematik einzudämmen. Um die Verpflegung der Tiere kümmert sich der Staat nicht. Die Hauptsache ist, das Tier schnell und konfliktlos zu beseitigen. Dabei werden solche grausamen Quälereien von den Gemeinden regelrecht vertuscht.
Hilfsorganisationen und Tierschützer
Zum Glück gibt es heute auch Tierschützer und Tierschutzorganisationen die vom Elend der Tiere berührt sind, sich den zum Tode geweihten Kreaturen widmen und ihnen das Leben retten.
Inzwischen haben die Tierschützer erreicht, dass sie Hunde aus Perreras, durch Befreiungsgelder, gerettet werden konnten. Viele Gemeinden haben zwar modernere Perreras gebaut, da die vorherigen ungepflegten Hundeasyle nicht mehr ins Bild gepflegter Touristenorte passten, und auch Pfleger eingestellt, die füttern und säubern, aber sterben müssen die Hunde nach Ablauf ihrer Galgenfrist immer noch in den meisten Perreras. Den Tierschützern ist aber auch zu verdanken, dass ein Prozess des Umdenkens einsetzt und Veterinäre sich nun weigern, gesunde Tiere zu töten.
Auch unsere Familie hält einen Hund, der ursprünglich aus Mallorca stamm und dort aus einer Tötungsstation befreit wurde. Der kleine Kurzhaardackel-Mix namens "Strolchi" ist 4 Jahre alt. Nachdem wir beschlossen haben einen kleinen Vierbeiner in unsere Familie aufzunehmen war es uns wichtig einem Tier ein gutes Zuhause voller Zuneigung zu bieten, das zuvor kein schönes Leben vollführte. Deshalb besuchten wir das Tierheim in Donzdorf, welches vor allem Hunde aus Tötungsstationen betreut. Nach langer Suche sahen wir ihn, unseren Strolchi und wussten, "der Kleine ist es". Strolchi war jedoch sehr schreckhaft, ängstlich und total abgemagert. Deshalb dauerte es eine ganze Weile bis er sich an uns und seine Umgebung gewöhnte. Heute ist er verschmust, verspielt, einfach ein frecher kleiner Kerl. Wir sind überaus glücklich ihn als Familienmitglied zu haben.
Leider können nicht alle Vierbeiner gerettet werden. Tierschützer vor Ort haben die schwere Entscheidung zu treffen, welcher Hund die Chance auf Leben erhalten darf. Selbst hartgesottenen Tierschützern fällt der Gang in die Perreras und das Richten über Leben und Tod nicht leicht. Hinzu kommt die Überlegung, welcher Hund für die Vermittlung am geeigneten ist. Ein süßer Welpe oder kleiner Hund ist schneller zu vermitteln als seine großen Artgenossen. Auch Gesundheitszustand und Alter tragen zur endgültigen Entscheidung bei. Leider gibt es noch zu wenig Tierfreunde, die bereit sind einem älteren Hund ein liebevolles Zuhause zu geben. Gründe hierfür mögen sein - " ich kenne seine Vorgeschichte nicht, welche Probleme hat er oder auch nicht, kostenintensiv könnte er auch noch werden und sollte er nur ein paar Jahre bei mir bleiben, was ist mit meiner, für mich zu frühen Trauer, die ich nicht aushalte!" Die Ärmsten der Armen sind in den Perreras sehr häufig die Podencos. Die Vermittlung eines Podencos in ein geeignetes Zuhause dauert oft sehr lange, da die Nachfrage nach diesem sanften Jäger durch den rassebedingten Jagdtrieb eher gering ist. Jedoch erfordert die Pflege der vielen kranken und verletzten Tiere Können, Wissen, Zeit und viel Geduld, da die meisten der gepeinigten Hunde Kontaktängste vor Menschen besitzen. Dazu verschlingen Medikamente und massenweise Futter viel Geld, das durch Spenden beschafft werden muss.
Nach einem langen steinigen Weg, die Tiere zu befreien erleben diese zum ersten Mal in ihrem oft traurigen Leben Freiheit, Frieden, gutes Futter und menschliche Zuneigung. Sie waren allesamt ausgesetzt oder in einer Perrera zum Sterben abgegeben worden. Nun, durch die Hilfe von Tierschutzverbünden, kann man beobachten, wie sie aufleben, Selbstbewusstsein entwickeln, spielen lernen und den Rest ihres Lebens genießen.
Der Hoffnungsschimmer sind Menschen, die sich selbstständig und auf eigene Kosten und Mühen um Hunde oder Katzen kümmern. Alle zusammen haben immer größer werdenden Einfluss auf die Art, wie die Einheimischen mit ihren Tieren umgehen. Wenn nicht nur einer Anzahl von Tieren geholfen wird, sondern wenn Hilfsprojekte langfristig eine neue Einstellung anregen und Umdenken anstoßen, dann kommt der Tierschutz einen großen Schritt weiter. Für die Zukunft bleibt zu hoffen, dass sich viele Menschen im Kampf gegen die Perreras zusammenschließen, denn nur gemeinsam ist man stark und kann etwas bewegen...